Am 27. Januar jährte sich zum 75. Mal die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz. Über eine Million Menschen wurden an diesem Ort unfassbaren Unrechts ermordet – Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle und vieler weitere Menschen, denen in der völkisch-rassistischen Ideologie der Nationalsozialisten die Menschlichkeit abgesprochen wurde. Am Holocaust-Gedenktag erinnern wir vor allem an sie, die Opfer des Nationalsozialismus, und rufen uns zugleich die Notwendigkeit in Erinnerung, das Versprechen des „nie wieder“ stetig zu erneuern. Dazu erklärt Claudia Roth:
In einem Heute, da immer mehr Menschen in ihrer Menschlichkeit, da immer häufiger auch die Grundfesten unserer Demokratie angegriffen werden, da einige sogar versuchen, die dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte umzudeuten oder zu entsorgen, setzt die Gestaltung des Morgen die Erinnerung ans Damals stets voraus.
Nie wieder bedeutet die permanente Auseinandersetzung damit, was gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und völkische Ideologie bedeuten – und wie diese zu Entwürdigung, Entrechtung und schließlich zu millionenfachem Mord geführt haben.
Zum 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz hatte die UNESCO zu einer zentralen Gedenkfeier nach Paris eingeladen. Zuvor hatten Wissenschaftlerinnen und Experten aus der ganzen Welt darüber beraten, wie sich Erinnerungskultur gestalten lässt, wo doch kaum noch Zeitzeuginnen und Zeitzeugen vom Grauen der NS-Diktatur berichten können. Claudia Roth dankte in ihrer Rede in Paris den vielen Holocaust-Überlebenden, die den Mut und die Kraft gehabt haben, über ihre schrecklichen Erlebnisse zu berichten. Sie sind es, die den Weg geebnet haben für Versöhnung, Annäherung und europäische Freundschaft. Die ganze Rede auf Französisch finden Sie HIER.
Am 27. Januar nahm Claudia Roth am Gedenken für Menschen mit Behinderung, Homosexuelle sowie Sinti und Roma teil, die dem Nationalsozialismus zum Opfer gefallen waren und für die je ein zentrales Mahnmal besteht. Weitere könnten folgen: Seit langem setzt sich Bündnis 90/Die Grünen dafür ein, unter anderem die sogenannten „Asozialen und Berufsverbrecher“ als Opfergruppe anzuerkennen. Am Mittwoch folgte dann das offizielle Gedenken im Deutschen Bundestag. In den Räumlichkeiten des Paul-Löbe-Hauses wurde zum allerersten Mal in Deutschland eine Ausstellung des Künstlers und Auschwitz-Überlebenden David Olère eröffnet. Der Pianist Igor Levit begleitete die Ausstellung musikalisch. David Olère hatte in Auschwitz als Teil eines Sonderkommandos die Leichen der in den Gaskammern Ermordeten verbrennen müssen. Nach seiner Befreiung hatte er Zeichnungen und später dann Ölgemälde über den Alltag des Massenmordes im „Krematorium III“ und die Hölle namens Auschwitz angefertigt.
Die eigentliche Gedenkstunde im Plenum des Deutschen Bundestages war schließlich von einem Blick nach vorn geprägt. So betonte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die „bösen Geister der Vergangenheit“ zeigten sich heute „im neuen Gewand“, und zitierte den Schriftsteller Primo Levi: „Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen“. Der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin unterstrich die enorme Verantwortung, die Deutschland im Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit trage. Der Kampf gegen das Böse ende nie – und gerade angesichts eines von Geistern der Vergangenheit heimgesuchten Europas dürfe Deutschland nicht versagen.