Anlässlich der Präsentation des Right Livelihood Awards 2019 in Deutschland, hielt Claudia Roth in den Nordischen Botschaften am 26. November 2019 ein Grußwort. Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Botschafter Per Thöresson,
lieber Ole von Uexküll,
sehr geehrte Damen und Herren –
vor allem aber:
verehrte Aminatou Haidar,
verehrte Guo Jianmei,
verehrte Greta Thunberg,
verehrter Davi Kopenawa!Es ist mir eine große Ehre und Freude,
heute einige Worte an diesem wunderschönen Ort,
dem Gemeinschaftshaus der Nordischen Botschaften zu einem so wichtigen Anlass sagen zu dürfen.Seit nunmehr 40 Jahren verleiht die Right Livelihood Stiftung ihre Auszeichnung an mutige Aktivist*innen
und Aktivisten,
die in beharrlichem und beeindruckendem Einsatz gegen Ungerechtigkeiten einstehen –
und sich für eine bessere Welt einsetzen.Eine Welt frei von Gewalt und Not.
Eine Welt, in der die Menschenrechte aller garantiert sind;
in der jede und jeder Einzelne in voller Würde und Selbstbestimmtheit leben kann.Eine Welt der Vielfalt und des Friedens,
in Einklang und Achtung der planetaren Grenzen und des Reichtums der uns umfassenden Ökosysteme.Eine Welt,
die in weite Ferne gerückt scheint –
zugleich aber eine Welt des Noch-nicht-Seienden,
des Möglichen,
um in den Worten von Ernst Bloch zu sprechen,
eine Welt,
die uns die Arbeit der Preisträger*innen und Preisträger am Horizont erkennen lässt.Schon immer hat es mutige Menschen gebraucht,
die das vermeintlich Unmögliche in den Blick nehmen,
um das Überfällige zu erreichen.Die diesjährigen Preisträger*innen und Preisträger gehören da dazu –
gemeinsam mit so vielen anderen.Die Ausgezeichneten nämlich führen uns eindrücklich vor Augen,
dass jede und jeder einen Unterschied machen kann,
dass die Keimzellen des Wandels und der gelebten Hoffnung überall ent- und fortbestehen –
nicht zuletzt dort,
wo die Widrigkeiten und Widerstände besonders groß sind.Und diese Widrigkeiten,
ja,
sie scheinen zahlreicher zu werden,
drastischer,
gewaltvoller.Wir erleben,
wie weltweit die Menschenrechte angegriffen werden,
wie Demokratie- und Rechtsstaatlichkeit unter Beschuss geraten,
wie Millionen von Menschen Gewalt und Not ausgesetzt sind.Zugleich bedroht die Klimakrise die Gegenwart vieler schon heute –
sie stellt die friedvolle Zukunft aller auf unserem geteilten Planeten ganz konkret infrage.Umso wichtiger ist die gelebte Hoffnung,
die auch unsere Preisträger*innen und Preisträger am Leben erhalten,
indem sie eines sehr deutlich machen:
Eine bessere Welt,
eine gerechte Welt des Noch-nicht-Seienden,
sie ist und bleibt möglich –
wenn wir nur Macht und Ressourcen gerecht verteilen,
wenn wir die Ausbeutung von Mensch und Natur beenden,
wenn wir die Privilegien einiger weniger zugunsten einer gerechteren Verteilung zugunsten aller
aufzugeben bereit sind.So wie Aminatou Haidar in ihrem jahrzehntelangen gewaltfreien Einsatz für die Selbstbestimmung der
Menschen West-Saharas.So wie Guo Jianmei in ihrem juristischen Wirken für Frauenrechte und den Zugang marginalisierter
Gruppen zu Gerichten.So wie Greta Thunberg, die eine globalen Bewegung gegen die wohl größte Bedrohung der
Menschheitsgeschichte, die Klimakrise, entfacht hat.So wie Davi Kopenawa von der Hutukara Yanomami Association mit seinem Einsatz für die Rechte indigener
Bevölkerungen und den Erhalt der Biodiversität des Amazonas.Verehrte Preisträger*innen und Preisträger,
ich verneige mich vor Ihrer mutigen und wichtigen Arbeit.Ich bedanke mich von tiefstem Herzen für die Ermutigung,
die wir doch alle so sehr benötigen.Und natürlich danke ich auch der Right Livelihood Stiftung, einmal mehr.
Möge die diesjährige Auszeichnung erneut dazu beitragen,
die vielen, vielen Kämpfe für ein gerechteres Morgen zu verbinden,
Aktivist*innen und Aktivisten weltweit zu stärken –
und uns alle darin unterstützen,
gemeinsam starke Bündnisse für die immensen Herausforderungen unserer Zeit zu schmieden.Denn nur gemeinsam können wir den Widrigkeiten die Stirn bieten.
Nur gemeinsam können wir uns weiter auf den Weg machen –
auf den Weg in eine Welt des Noch-nicht-Seienden,
eine gerechte und ökologische Welt-im-Werden,
eine Welt der Aminatou Haidars,
der Guo Jianmeis,
der Greta Thunbergs und der Davi Kopenawas.Vielen Dank.