Anlässlich des Ergebnisses der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei erklärt Claudia Roth:
„Die Wahlen in der Türkei waren weder frei noch fair. Ohne massive Manipulation, ohne den Ausnahmezustand und die systematische Verfolgung der Opposition, ohne den völkerrechtswidrigen Angriff auf Afrin und die Übernahme fast aller kritischen Medien wäre Erdogan nicht wiedergewählt worden.
Genau das ist aber passiert. Erdogan hat die Türkei in eine präsidiale Autokratie verwandelt. Es steht zu befürchten, dass die Repression gegen Andersdenkende, dass der systematische Abbau der verbleibenden rechtsstaatlichen Strukturen nun noch verstärkt werden. Und auch die Wirtschaftskrise dürfte anhalten: Investoren verlassen reihenweise das Land, Wachstum entsteht nur noch durch massive staatliche Intervention, die Inflation ist auf Höchststand.
Zugleich hat die Wahl gezeigt: Die Türkei ist nicht Erdogan, die Türkei ist auch nicht AKP. Wenn ein Muharrem Ince aus dem Stand mehr als 30 Prozent holt, wenn ein Selahattin Demirtas seine HDP selbst aus dem Gefängnis auf über 10 Prozent bringt, dann beweist das die Ent- und auch die neue Geschlossenheit der pro-demokratischen Kräfte in der Türkei.
Diese Menschen müssen wir, muss auch die Bundesregierung endlich konsequent unterstützen. Und das geht nur mit einem grundlegenden Kurswechsel. Erdogan darf nicht länger Partner unter vielen sein. Erdogan ist Autokrat, und mit Autokraten dealt man nicht – auch nicht in der Flüchtlingspolitik. Es muss endgültig Schluss sein mit den Rüstungsexporten in die Türkei, auch die Hermes-Bürgschaften gehören auf den Tisch. Und es darf kein Gespräch mehr vergehen, in dem die Bundesregierung nicht in aller Deutlichkeit die Freilassung aller politischen Gefangenen einfordert.“