Über den Jahreswechsel hat Claudia Roth Sizilien besucht und sich unter anderem ein Bild der Lage vor Ort gemacht, nachdem allein über die Weihnachtstage fast 1.250 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer vor Italien gerettet und nach Sizilien gebracht worden waren. Die Insel trägt eine große Verantwortung bei der Rettung und Aufnahme von Flüchtlingen, wird dabei von Europa jedoch weitestgehend allein gelassen. In Sizilien treffen sich Menschen aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt auf der Suche nach einer neuen Lebensperspektive.
Zum Beispiel in Caltanissetta, einem Ort in der Mitte Siziliens: Dort werden Hunderte Flüchtlinge in einer Erstaufnahmeeinrichtung aufgenommen, obwohl viele der Einwohner selbst wenig Perspektiven haben, oftmals arbeitslos sind. Menschen, die durch die Hölle der Flucht gegangen sind, denen es an allem fehlt, erhalten hier provisorisch Unterkunft und werden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach Kräften versorgt und betreut.
Doch Sizilien braucht dringend die Solidarität von ganz Europa. Es ist ein Armutszeugnis, wenn den europäischen Staaten Menschenleben von Flüchtlingen nicht genug Wert sind, um die monatlich ca. 8 Millionen Euro für das italienische Seerettungsprogramm Mare Nostrum zu finanzieren. Dass die europäische Flüchtlingspolitik generell auf Abschottung setzt, statt legale Fluchtwege zu schaffen, Grenzen durch neue Mauern verschließt, statt sie zu öffnen, und humanitäre Verantwortung auf wenige Regionen an den EU-Außengrenzen abwälzt, verstärkt die Skrupellosigkeit der Schleuserbanden im Mittelmeer und immer mehr Menschen werden so ihr Leben riskieren auf dem Weg nach Europa.
Auch 2015 werden Menschenrechtsverletzungen, Kriege, Krisen und Umweltkatastrophen wieder viele Menschen zur Flucht zwingen. Eine menschenrechtsbasierte europäische Flüchtlingspolitik könnte ihnen eine Perspektive auf Leben geben – es wäre aller höchste Zeit, die Hebel dafür endlich umzulegen.