Auf Vorschlag von Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth hat der Kunstbeirat des Deutschen Bundestages beschlossen, Werke der Augsburger Künstler Max Kaminski und Zaven Peter Hanbeck sowie des Münchener Künstlers Olaf Otto Becker anzukaufen. Claudia Roth, die selbst auch Mitglied des Kunstbeirats ist, hat in Zusammenarbeit mit Dr. Christoph Trepesch, dem Leiter der Kunstsammlungen und Museen der Stadt Augsburg und Dr. Thomas Elsen, Leiter des H2-Zentrum für Gegenwartskunst im Glaspalast dem Kunstbeirat Künstler*innen zur Auswahl vorgeschlagen.
In der Regel zweimal jährlich investiert der Deutsche Bundestag in den Ankauf zeitgenössischer Künstler*innen. Auf Vorschlag der Parlamentarier*innen berät der Kunstbeirat des Deutschen Bundestages über den Erwerb von Kunstwerken für die Artothek des Parlaments, womit die Büros, Sitzungssäle und Flure ausgestattet werden. Der Grundstock für die Kunstsammlung wurde schon 1968 gelegt, seit 1976 erwirbt der Deutsche Bundestag regelmäßig Kunst und blickt inzwischen auf eine Sammlung mit über 5000 Werken.
Dazu erklärt Claudia Roth, Bundestagsvizepräsidentin und Augsburger Bundestagsabgeordnete:
„Ich freue mich sehr, wenn nun mit Olaf Otto Becker, Max Kaminski und Zaven Peter Hanbeck Künstler aus meiner bayerischen Heimat in die Kunstsammlung des Deutschen Bundestages aufgenommen werden.
Max Kaminski ist der bedeutendste Maler des 20. Jahrhunderts, der in Augsburg gelebt hat und dessen Werk wir aus vielen lokalen aber auch überregionalen Ausstellungen kennen. Sein Werk kann in einem Atemzug mit Baselitz und Lüpertz genannt werden. Das Werk „Blauer Kopf“ ist eine herausragende Komposition, die Picasso rezipiert, aber dennoch ein ganz eigenständiges Menschenbild entwirft.
Den Augsburger Künstler Zaven Peter Hanbeck konnten die Augsburger*innen zuletzt in einer Ausstellung im Schaezlerpalais erleben. Er ist ein Meister der Verwandlung, seine Bilder entwickeln Sprache und Worte zu Bildern, die von ihm geschaffenen Wortmetamorphosen sind wirklich etwas Besonderes. In seinen Werken zeigt sich Zaven Peter Hanbeck als Naturfreund: Tiere, Bäume und Blumen sind besondere Motive von ihm.
Olaf Otto Becker durfte ich in der Ausstellung „Blauer Planet“ im Augsburger H2-Zentrum für Gegenwartskunst persönlich kennenlernen. Seine Bilder und Erzählungen zeigen die Zerbrechlichkeit unserer Erde, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Polarregionen und die Regenwälder und lassen die Betrachter sehr nachdenklich werden. Mit seinen wundervollen Bildern fängt er die Schönheit der Natur ein, die doch zugleich so fragil ist. Er zeigt uns in episch schönen Bildern, was wir drohen zu verlieren, wenn Permafrostböden in Sibirien auftauen, Eisberge auf Grönland schmelzen oder Regenwälder in Malaysia unwiederbringlich zerstört werden.
Gerade in Pandemiezeiten ist das Leben für viele Künstlerinnen und Künstler zur finanziellen Überlebensfrage geworden, Galerien, Museen, Theater, Clubs und Opernhäuser sind nun seit fast einem Jahr pandemiebedingt geschlossen, Künstler*innen haben Honorarausfälle, die sich bei einem Großteil zwischen 70-90 Prozent bewegen, viele der Hilfen passen nicht und der Weg in die Grundsicherung ist für die meisten Künstler*innen keine Option. Deshalb ist es mir ein besonderes Anliegen, dass der Deutsche Bundestag auch in diesem Jahr Kunstwerke angekauft und den Etat auch im Sinne der Unterstützung von Künstler*innen erhöht hat.“
Jürgen Enninger, Referent für Kultur, Welterbe und Sport der Stadt Augsburg sagt:
„Die Entscheidung des Kunstbeirats des Deutschen Bundestages ist eine wichtige Unterstützung für unsere Künstlerinnen und Künstler und eine Ehre für die Kunststadt Augsburg und den Kulturstaat Bayern. Gerade jetzt braucht künstlerisches Arbeiten Wertschätzung und Sichtbarkeit dieser Art. Förderung von Kunst und Kultur ist wichtiger denn je, da viele Künstlerinnen und Künstler nun seit über einem Jahr ohne Honorare leben müssen. Mein Dank gilt im Besonderen der Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, die stets die Augsburger Kunstszene und ihre Bayerische Heimat im Blick hat.“
Dr. Christoph Trepesch, Leiter der Kunstsammlungen und Museen der Stadt Augsburg ergänzt:
„Für uns als Kunstsammlungen und Museen Augsburg ist es eine große Freude, dass die mit uns verbundenen Künstler durch die Aufnahme in die Artothek des Bundestages eine besondere Würdigung erfahren. Das gilt besonders für Max Kaminski, dem wir 2018 eine große Retrospektive im H2-Zentrum für Gegenwartskunst widmeten. Auch während unserer aktuellen Ausstellungen konnte man immer wieder erleben, wie Zaven Hanbeck und Olaf Otto Becker die Betrachtenden zum Nachdenken anregen – nicht zuletzt durch Poesie und subtilen Humor. Damit ziehen Werke dreier Künstler in den Bundestag ein, die sicherlich sehr gut zu einem demokratisch, diskursiven Ort passen.“
Das Kunstengagement des Deutschen Bundestages erstreckt sich auf drei Felder: auf die Kunst-am-Bau-Projekte, auf die Artothek und auf den Bereich der Ausstellungen. Kurator Dr. Andreas Kaernbach ist zuständig für die Betreuung der Sammlung angefangen von der konservatorischen Betreuung bis zur Nutzung als Artothek, die den Abgeordneten zur Verfügung steht, und dafür, dass die Sammlung der Öffentlichkeit präsentiert wird, z.B. durch Ausstellungen.
Alle Entscheidungen zur Kunst im Bundestag werden von einem eigenen Abgeordnetengremium gefällt, dem Kunstbeirat. Dieses Gremium – unter Vorsitz des Bundestagspräsidenten – entscheidet sowohl über die Ausstellungen, über die Ankäufe für die Artothek, als auch darüber, welche Kunst-am-Bau-Installationen realisiert werden. Die Kunstsammlung des Bundestages umfasst inzwischen etwa fünftausend Werke. Diese Arbeiten hängen überall in den Räumen, Büros und Sitzungsräume des Parlaments, das heißt in allen Parlamentsgebäuden. Die Kunst, die für die Artothek angekauft wird, muss eine bestimmte Qualität aufweisen und dafür geeignet sein, Diskussionen auszulösen. Sie soll anregen, sich damit auseinanderzusetzen und auch der Politik Anregungen geben. Deshalb werden wie in einer Bibliothek die Bücher, in der Artothek des Bundestages die Kunstwerke an die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter verliehen.
Der Grundstock für die Kunstsammlung des Deutschen Bundestages wurde 1968 gelegt, jenem Jahr, in dem das Neue Abgeordnetenhochhaus in Bonn von dem Architekten Egon Eiermann fertiggestellt wurde. Die Sitzungssäle im so genannten „Langen Eugen“ waren von bedeutenden Künstlern wie Georg Meistermann, HAP, eigentlich Helmut Andreas Paul Grieshaber, oder Günther Uecker gestaltet worden. Zeitgleich erwarb der Deutsche Bundestag 500 Grafiken als Grundstock für eine Artothek.
Seit 1976 wird diese Sammlung über einen festen Ankaufstitel im Budget des Deutschen Bundestages Jahr um Jahr erweitert. Über die Ankäufe entschied zunächst die im gleichen Jahr gegründete Kunstkommission, ein Abgeordnetengremium unter Vorsitz des Bundestagspräsidenten und nach der Stärke der Fraktionen besetzt. Die Kunstkommission ging im Jahre 1995 im Kunstbeirat auf, der nunmehr für sämtliche Kunstprojekte im Deutschen Bundestag, darunter die Kunst-am-Bau-Installationen, die Ankäufe und die Kunstausstellungen, zuständig ist.
Ein Bestandverzeichnis der Kunstwerke in der Artothek des Deutschen Bundestages findet sich hier.
Informationen zu den Künstlern:
Der Fotograf Olaf Otto Becker:
Der 1959 in Travemünde geborene Fotograf lebt heute in München. Beckers Hauptthema ist die Landschafts-Fotografie. Besonders interessiert ist er daran, die sichtbaren Spuren menschlicher Überbevölkerung zu dokumentieren, die in der Natur zurückgelassen wurden. Dazu unternimmt er Expeditionen auf der ganzen Welt. „Ich versuche, Bilder zu produzieren, die als poetische Bilder und Dokumentation von Prozessen gleichzeitig fungieren und für uns alle relevant sind.“
Angekauftes Kunstwerk: Becker, Olaf Otto, „Ilulissat 13, Greenland (Diptychon)“ je 115 x 138 x 7 cm Archival Pigment Print 2015
Der Künstler Zaven Peter Hanbeck:
Die künstlerischen Arbeiten von Zaven Peter Hanbeck (*1938 in Teheran, Iran) zeigen sowohl Motive aus Flora und Fauna, als auch seine stete Auseinandersetzung mit dem geschriebenen Wort. Dem Sohn einer Deutschen und eines Armeniers gelingt es, zwei Kulturen in seinem Werk zu vereinen. Auf klare Weise kombiniert der seit 1970 in Augsburg lebende Künstler traditionelle orientalische Ornamente mit der abendländischen Bilderwelt zu kombinieren. Prägnant sind seine Wortmetamorphosen. „In meinen Wortmetamorphosen findet das Wort zurück zum Bild. Wortgehalt wird zu Wortgestalt. Oder umgekehrt: Aus dem Bild wächst das Wort. Die ständige Verwandlung, das unendlich Fließende, die Magie der Bewegung – all das vollbringt die persisch-arabische Schrift am treffendsten. Die Bilder sind ein Ausschnitt dieses Kontinuums.“
Angekauftes Werk: Hanbeck Zaven Peter, „Wortmetamorphose Mahi-Fisch“ 90 x 120 cm Öl auf Leinwand 1994, Unikat
Der Künstler Max Kaminski:
Max Kaminski gilt als eine der prägenden Malerpersönlichkeiten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland. 1938 im ostpreußischen Königsberg geboren, war seine Jugend von Flucht und Vertreibung geprägt, was sich im Werk des lange Jahre an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe tätigen Lehrers widerspiegelt. Von 2003 bis zu seinem Tod 2019 lebte Kaminski in Augsburg. Der documenta-Teilnehmer von 1977 gehört zu den neoexpressionistischen Künstlern, die sich abseits informeller Strömungen schon in den 1960er-Jahren der Figuration zuwandten. Eine höchst eigenwillige, teils zersplittert anmutende Formensprache, eine verschachtelte Raumgliederung sowie intensive Farbigkeit prägen sein umfangreiches Werk. Vielfältige Bildelemente zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, Figur und Fragment werden miteinander verwoben zu einem einzigartigen malerischen Kosmos.
Angekauftes Werk: Kaminski Max, „Blauer Kopf“ 106 x 144 x 6 cm Öl auf Leinwand 1990, Unikat