Es waren keine Kristalle, die fielen, als in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 überall in Deutschland Synagogen brannten, Geschäfte und Wohnungen demoliert, Jüdinnen und Juden misshandelt und getötet wurden. Mehr als 1.300 Menschen starben in direkter Folge der Pogrome. Zehntausende wurden am Folgetag in Konzentrationslager verschleppt. In dieser Nacht erlangte der antisemitische Rassenwahn der Nationalsozialisten ein neues Ausmaß, den Worten folgten Taten. Sie zerstörten jüdisches Leben, löschten es Schritt für Schritt aus.
Nie wieder – diese beiden Worte sind seit der Befreiung 1945 unser moralischer Imperativ. Dieses „nie wieder“, es setzt voraus, dass wir uns erinnern, immer und immer wieder – nicht etwa der alleinigen Rückschau halber, sondern als Erinnern in die Gegenwart, als Erinnern in die Zukunft.
Auch heute sind Antisemitismus und judenfeindliche Ressentiments weit verbreitet in unserem Land, haben Rassismus und Menschenfeindlichkeit wieder Einzug in unsere Parlamente erhalten. Ein unerträglicher Zustand, der in alle Bereiche unserer Gesellschaft reicht. Wir dürfen niemals akzeptieren, dass Jüdinnen und Juden in unserem Land in Angst leben müssen. Der offene Angriff auf unsere Vielfalt, auf das Leben unserer Mitmenschen, auf unsere Erinnerungskultur, muss für ALLE Demokratinnen und Demokraten darum bedeuten: Gesicht zeigen, lauter Widerstand, Verantwortung. Es ist unsere Aufgabe, das kollektive Gedächtnis kontinuierlich zu erneuern – und uns all jenen, die das Vergessen einfordern, mit aller Kraft entgegenzustellen.