Das Landgericht Stuttgart hat hinsichtlich der Klage von Roland Tichy geurteilt. Dazu erklärt Claudia Roth:
Im Oktober letzten Jahres habe ich der Augsburger Allgemeinen Zeitung, gemeinsam mit Renate Künast, ein Interview gegeben. Es ging um Hass und Hetze, insbesondere auch um Beleidigungen im Netz. Davon sind viele Menschen in unserem Land betroffen, nicht nur wir grüne Frauen. Unter anderem habe ich gefordert: „Wir müssen die Stichwortgeber benennen, all diese neurechten Plattformen, deren Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen beruht – von Roland Tichy über Henryk M. Broder bis hin zu eindeutig rechtsradikalen Blogs.“
Roland Tichy hat mich daraufhin aufgefordert, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Insbesondere sollte ich die Aussage, sein Geschäftsmodell beruhe u.a. auf Falschbehauptungen, wieder zurücknehmen. Weil ich das abgelehnt habe, ging die Sache vor Gericht. Nun hat das Landgericht Stuttgart entschieden: Bei meiner Aussage handelt es sich um eine zulässige Meinungsäußerung. Meine Äußerung sei weder grundlos noch willkürlich erfolgt: „Darüber hinaus hat die Beklagte aus Sicht der Kammer genügend Anhaltspunkte vorgetragen, aus denen geschlossen werden kann, dass sie ihre sachbezogene Meinung nicht ohne jeden Grund, auch aus ihrer Sicht willkürlich, geäußert hat.“
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn ausgerechnet diejenigen mit dem Versuch scheitern, eine zulässige Meinungsäußerung gerichtlich verbieten zu lassen, die selbst mehr als einmal in der Kritik standen, die Grenzen des Sagbaren gezielt verschieben zu wollen. Wer lauthals austeilt, beim leisesten Widerspruch aber vor Gericht zieht, macht sich wenig glaubwürdig. Natürlich: In einem Rechtsstaat steht jedem der Rechtsweg offen. In diesem Fall endet er, nach sorgfältiger Prüfung durch das Landgericht Stuttgart, mit einer Zurückweisung. Meinungsfreiheit ist weder ein Freibrief zu Verleumdung und Hetze, noch schirmt sie ab vor Kritik und Widerrede. Es freut mich, dass das Landgericht diese grundlegende Erkenntnis erneut klargestellt hat.
Das ganze Urteil ist hier nachzulesen: 200220 – Urteil Landgericht Stuttgart – Tichy vs. Roth