In der ehemaligen Synagoge Beth Zion in Berlin-Mitte haben wir heute gemeinsam auf Einladung des Zentralrats der Juden in Deutschland der Opfer der Reichspogromnacht vor 85 Jahren gedacht.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden Menschen gedemütigt, verhaftet, misshandelt, vergewaltigt und ermordet. Ihre Geschäfte und Wohnungen wurden ausgeraubt und verwüstet. Ihre Synagogen und Gemeinschaftsorte brannten im ganzen Land. Auch die Inneneinrichtung der Beth-Zion-Gemeinde wurde von den Nationalsozialisten vollständig zerstört, danach stand das Gebäude leer.
Mit der Reichspogromnacht hat die Unterdrückung und Verfolgung der Juden im nationalsozialistischen Deutschland nicht begonnen, sie war nur der vorläufige Höhepunkt. Der 9. November 1938 markiert den Übergang von der seit 1933 betriebenen Entrechtung, Ausgrenzung und Unterdrückung der jüdischen Bevölkerung hin zu ihrer systematischen Verfolgung und Vernichtung, die in ihrer schrecklichen Konsequenz in den millionenfachen Massenmord der Shoah mündete. Es war eine Art furchtbarer Testlauf für die nationalsozialistischen Machthaber, um zu sehen, wie die deutsche Bevölkerung auf die öffentlich für alle sichtbare antisemitische Gewalt und Zerstörung reagieren würde. Und die Mehrheit reagierte mit Jubel und Beteiligung, mit lauter und stillschweigender Zustimmung.
Die gemeinsame Erinnerung mahnt uns, uns mit vereinter Kraft gegen jeden Antisemitismus zu stellen und antisemitische Sprache und Gewalt konsequent zu ahnden. Es ist absolut inakzeptabel, dass Jüdinnen und Juden, Synagogen und jüdische Einrichtungen aktuell bei uns wieder massiven Anfeindungen und Bedrohungen ausgesetzt sind. Aus der Vergangenheit und der Gegenwart erwächst unsere Verantwortung, jüdisches Leben noch intensiver zu schützen und zu stärken. Die konsequente Bekämpfung von Hass, Hetze und Menschenfeindlichkeit ist unsere Pflicht und Voraussetzung für ein friedliches Miteinander. Heute mehr denn je.