Im Jahr 2004 begann Fatih Akin seine Trilogie über Liebe, Tod und Teufel mit dem preisgekrönten Film „Gegen die Wand“. Nun startet mit „The Cut“ der letzte Teil in den deutschen Kinos.
Für den Abschluss hat sich Akin an ein schweres Thema gewagt. Der Völkermord an den Armeniern vor 100 Jahren ist der große Rahmen seines Films und Akin sagt, nicht er habe das Thema, sondern das Thema habe ihn ausgesucht. Die Tabuisierung dieses Völkermords in der Türkei habe ihn als türkisch-deutschen Filmemacher immer hellhörig gemacht. Noch bis zum Mord an dem armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink vor sieben Jahren sei es fast unmöglich gewesen, das Thema in der Öffentlichkeit anzusprechen, so Akin. Auch die offenen Anfeindungen und Drohungen gegen Akin aus dem nationalistischen Lager der Türkei im Zusammenhang mit seinem aktuellen Film zeigen, dass dieser Teil der armenisch-türkischen Geschichte immer noch nicht aufgearbeitet ist – und das, obwohl es kaum noch Zeitzeugen gibt.
„THE CUT ist ein echtes Epos in einer Tradition, an die sich heute niemand mehr heranwagt. Fatih Akins sehr persönliche Antwort auf ein tragisches Kapitel der Weltgeschichte ist von großer Intensität, Schönheit und beeindruckender Erhabenheit. Dieser Film ist mir in vielerlei Hinsicht sehr wertvoll.“ (Martin Scorsese über den Film)
Die Aktualität von „The Cut“ ist geradezu beklemmend: Vertreibung, Flucht und Völkermord werden thematisiert – an Orten, die auch in diesen Tagen präsent sind, weil von dort Menschen fliehen und vertrieben werden: Aleppo, Homs und Ras al-Ayn.
Im Mittelpunkt des Films, der seinen Beginn in der Stadt Mardin des Jahres 1915 hat, steht der junge Schmied Nazaret Manoogian. Eines Nachts treibt die türkische Gendarmerie alle armenischen Männer zusammen und trennt sie von ihren Familien. Nachdem es Manoogian gelingt, den Horror des Völkermordes zu überleben, erreicht ihn Jahre später die Nachricht, dass auch seine Zwillingstöchter noch am Leben sind. Besessen von dem Gedanken, sie wiederzufinden, folgt er ihren Spuren. Sie führen ihn von den Wüsten Mesopotamiens über Havanna bis in die kargen, einsamen Prärien North Dakotas. Auf seiner Odyssee begegnet er den unterschiedlichsten Menschen, engelsgleichen und gütigen Charakteren, aber auch dem Teufel in Menschengestalt.
Akins Film ist Epos, Drama, aber auch Abenteuerfilm und Western – auch wenn es anfangs wenig danach aussieht. Akin schafft es, bei allem beschriebenen Leid, die Kraft der Liebe und der Hoffnung in den Mittelpunkt zu stellen, zeigt aber auch, welche Odyssee ein Funke Hoffnung bergen kann – man fiebert mit dem Protagonisten mit und ergibt sich selbst im Kinosessel der Hoffnung, die Nazaret Manoogian antreibt.
Lange hat Fatih Akin für den Film recherchiert, war an den vermuteten Originalschauplätzen der Gräuel auf Spurensuche, hat Städte wie Aleppo noch ein halbes Jahr vor Beginn des Bürgerkrieges in Syrien besucht und dort für den Film recherchiert. Gedreht werden konnte an diesen Orten nicht mehr.
Der Film ist keine leichte Kost und auch keine kurzweilige Unterhaltung. Wahrscheinlich reicht er auch nicht an die vorigen Teile der Trilogie heran – aber das Thema macht ihn besonders und zu einem Kinoerlebnis, das das Prädikat „sehenswert“ allemal verdient.
„The Cut“ startet am 16. Oktober 2014 in den deutschen Kinos.