Die bayerischen Grünen ziehen mit Claudia Roth und Toni Hofreiter als Spitzenkandidaten in den Bundestagswahlkampf 2017. Bei der Abstimmung um Platz 1 der Landesliste erhielt Claudia Roth am Freitagabend beim Landesparteitag in Augsburg 91,52 Prozent der Stimmen.
Die Bundestagsvizepräsidentin versprach in ihrer Rede einen Wahlkampf, der ermutige und nicht die Stammtische bediene. „Ich möchte für unsere Vision einer besseren Politik werben und das alles mit Freude und Leidenschaft, mit Mut und Haltung, und mit viel Empathie für die Menschen“, rief sie den Delegierten zu. „Wir werden zeigen, dass diejenigen in der Mehrheit sind, die nicht die Sprache des Hasses sprechen, sondern für ein friedliches Zusammenleben einstehen: in einem gemeinsamen Europa, das nicht Festung ist, sondern Schutzraum. Eine starke Friedensmacht, die so sehr in Gefahr ist wie lange nicht“, so Roth weiter.
Alle Ergebnisse der Aufstellungsversammlung finden Sie hier.
Rede von Claudia Roth zur Aufstellungsversammlung der bayerischen Grünen für die Landesliste zur Bundestagswahl 2017
(Es gilt das gesprochene Wort!)
Liebe Freundinnen und Freunde,
erstmal freue ich mich sehr, dass das Grüne Bayern hier in Augsburg ist:
- in der Stadt von Bertolt Brecht,
- in der Stadt des Religionsfriedens,
- in der alten Industriemetropole,
die uns mahnt, dass Arbeit Wert und Würde haben muss,- in der Umweltstadt, die Vorreiterin ist beim Klimaschutz und Bürgerengagement.
Eine Stadt, mit Menschen aus 175 Nationen, die beweist, dass „Multi-Kulti“ eben keine Ideologie, sondern längst Realität ist.
Mit diesem Augsburger Geist will ich mit Euch zusammen in einen Wahlkampf gehen, der zeigt, dass wir Grüne die eigentlichen Verfassungsschützerinnen und Heimatbewahrer sind, und ein echtes Gegenmodell zu den Söders und Seehofers.
Denn Heimatminister Söder will doch unser schönes Bayern vor allem meistbietend verkaufen und versiegeln, wie am Riedberger Horn, und er definiert Heimat exklusiv, als Ort, zu dem Geflüchtete, zu dem Sinti, Roma und Muslime nicht dazugehören sollen und wir Grüne eigentlich auch nicht.
Aber auch ein Seehofer, der sich statt einer proeuropäischen, demokratischen Ausrichtung bei Leuten wie Cameron, Orban, Putin oder jetzt sogar Trump anbiedert, wird von uns Grünen einen glasklaren Widerspruch erleben.
Wir sind doch diejenigen mit der Realpolitik in diesem Land, während eine CSU in ihrer Parallelwelt gefangen bleibt, wenn sie sich weiter ihren ewigen Lebenslügen in der Gesellschafts- und Umweltpolitik hingibt – eine Politik von vorgestern, die die Zukunft verspielt.
Zusammen mit Euch will ich in diesem Bundestagswahlkampf Bayern ein europäisches, ein ökologisches, ein weltoffenes und ein soziales Gesicht geben.
Denn unser Bayern, das ist nicht reaktionär, sondern bunt, es ist nicht nur CSU-blau-weiß, sondern auch Regenbogen und lila. Unser Bayern ist grün.
Wir sind Bayern, liebe Freundinnen und Freunde!
Unser Bayern ist nicht das Bayern der Konzerne, anders als bei der CSU, die es bedauert, wenn Apple und Starbucks auch mal Steuern zahlen müssen.
Unser Bayern darf kein Bayern der Agro-Industrie sein, wie das des Landwirtschaftsministers Schmidt, der bei Bio nur Bahnhof versteht.
Und unser Bayern ist auch nicht das Bayern der Rüstungsexporte an Länder wie Saudi-Arabien. Saudi-Arabien, das gerade den Jemen ins Mittelalter zurück bombt.
Wir Grüne streiten für die Agrarwende und für echten Klimaschutz, für erneuerbare Energien und für den schnellstmöglichen Atomausstieg gerade in Gundremmingen, für einen sauberen Verkehr und für soziale Gerechtigkeit, für Minderheitenrechte und für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen, für eine gerechte Globalisierung, die niemanden zurücklässt – und für einen fairen Welthandel und nicht etwa Ceta oder TTIP.
Dieser Wahlkampf – ich bin mir sicher – er wird kein Spaziergang werden:
Mit einer AfD, die vor schmutzigen Verleumdungen, menschenfeindlicher Stimmungsmache, und dem Bruch jeder demokratischen Regel nicht zurückschrecken wird.
Mit einer CSU, die gebetsmühlenartig mit Obergrenze und einer permanenten Entmutigung die Verunsicherung der Menschen immer weiter schürt.
Aber auch mit einer CDU, die sich in dieser Woche ganz, ganz weit an die Programmatik der AfD rangerobbt hat – und da hilft auch das freundliche Gesicht einer Angela Merkel nichts mehr.
Dabei hat der Sieg von Alexander Van der Bellen doch eines gezeigt: Man gewinnt gegen die Populisten nicht per Imitation, sondern, wenn man den Mut hat, bei den eigenen Positionen zu bleiben, wenn man nicht wackelt, nicht nachgibt, wenn man eint und erklärt.
Wir Grüne werden deshalb das Versprechen, das für jeden in unserer offenen Gesellschaft liegt, wieder allen Menschen nahe bringen. Dieses Versprechen liegt in der bedingungs- und voraussetzungslosen Achtung und Anerkennung als Mensch mit naturgegebenen Rechten.
Genau deswegen will ich mit Euch für eine Politik der Humanität und des Rückgrads kämpfen, denn auch auf eine SPD werden wir uns am Ende nicht verlassen können, etwa wenn es darum geht, konsequente Klimaschutzpolitik durchzusetzen.
Und die Linkspartei? Sahra Wagenknecht wirft doch immer wieder die Hetzmaschinerie auf Flüchtlinge oder Brüssel an. Und das geht gar nicht!
All das zeigt: Wir Grüne waren vielleicht noch nie so wichtig wie heute!
Lasst uns also gemeinsam in breiten Bündnissen um unsere Freiheit und Demokratie kämpfen, mit den
- Umweltverbänden,
- den Kirchen,
- den Gewerkschaften,
- den Migrantenverbänden,
- und Flüchtlingsaktivisten,
- mit Frauenrechtlern,
- mit Lesben, Schwulen und Transgender,
- mit den Eine-Welt-Gruppen
- und den Menschenrechtlerinnen,
- mit Bauern und Bäuerinnen,
- mit Lehrerinnen und Lehrern,
- und den Unternehmerinnen.
Wir werden zeigen, dass diejenigen in der Mehrheit sind, die nicht die Sprache des Hasses sprechen, sondern für ein friedliches Zusammenleben einstehen: in einem gemeinsamen Europa, das nicht Festung ist, sondern Schutzraum. Eine starke Friedensmacht, die so sehr in Gefahr ist wie lange nicht.
Liebe Freundinnen und Freunde, ich möchte im Wahlkampf ermutigen und nicht die Stammtische bedienen. Ich möchte für unsere Vision einer besseren Politik werben und das alles mit Freude und Leidenschaft, mit Mut und Haltung, und mit viel Empathie für die Menschen.
Ganz im Sinne Brechts:
„Besser scheint´s uns doch aufzubegehren.
Und auf keine kleinste Freude zu verzichten.
Und die Leidensstifter kräftig abzuwehren.
Und die Welt uns endlich häuslich einzurichten.“Dafür bitte ich um Eure Unterstützung und Euer Vertrauen.
Vielen Dank!