Vor 75 Jahren, am 14. Mai 1948, wurde der Staat Israel gegründet. Im Bundestag haben wir heute gemeinsam an die Staatsgründung erinnert. Ich gratuliere allen Israelis und allen Menschen jüdischen Glaubens von Herzen zu diesem Jahrestag von historisch unermesslicher Bedeutung. Nach den unendlichen Grausamkeiten und dem unfassbaren Völkermord an sechs Millionen Jüdinnen und Juden durch Nazi-Deutschland, dem Gipfel einer zweitausend Jahre langen, schmerzhaften Geschichte antisemitischen Hasses und tödlicher Verfolgung, wurde der lang ersehnte Heimat- und Gemeinschaftsort für Menschen jüdischen Glaubens Wirklichkeit. Die Staatsgründung Israels gab Jüdinnen und Juden mit der Wiederbelebung und Weiterentwicklung des Hebräischen ihre Stimme wieder, gab ihnen einen Ort der Zuversicht und kulturellen Gemeinschaft. Aus unserer historischen Verantwortung erwächst die Pflicht, mit aller Entschiedenheit all jenen zu widersprechen, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen. Aus unserer historischen Verantwortung erwächst unsere Pflicht, jeden Antisemitismus lautstark zu ächten und ihm unser entschlossenes Handeln entgegenzusetzen. Die Tatsache, dass wir heute weiterhin entfesselten Antisemitismus erleben, beziffert durch über 2600 antisemitische Straftaten, darunter 88 Gewaltdelikte allein im Jahr 2022 in Deutschland, erfüllt mich mit Wut und Scham. Es ist unsere Pflicht, diese Gewalt konsequent zu ahnden und uns kompromisslos gegen jeden Antisemitismus zu stellen. Es ist unsere Aufgabe, mehr denn je zu mahnen, wohin uns Hass und Hetze, die Markierung und Ausgrenzung vermeintlich Anderer, die abscheuliche Abwertung von Menschen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit führen können. Nie wieder: Das ist mehr als ein ritualisiertes Bekenntnis, es ist das immerwährende Fundament unseres politischen Handelns.
Foto: Rudi Weissenstein – Israel Ministry of Foreign Affairs, gemeinfrei