Zur heutigen Veröffentlichung der Studie „Großbaustelle Nachhaltigkeit“ durch elf Spitzenverbände, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen erklären Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende, und Claudia Roth MdB:
„Mit ihrem Bericht „Großbaustelle Nachhaltigkeit“ leisten die herausgebenden Organisationen einen wegweisenden und kritischen Beitrag zu einer Nachhaltigkeitsdebatte, die in Deutschland viel zu leise geführt wird. Die Autoren haben Recht: Die Bundesregierung faltet auch bei der nachhaltigen Entwicklung die Hände zur Raute. Sie wartet ab und verwaltet, statt die Zukunft aktiv zu gestalten.
Weiterhin trägt unsere Art zu produzieren und zu konsumieren dazu bei, dass Menschen in den Textilfabriken von Bangladesch ausgebeutet werden. Wir exportieren tonnenweise hochsubventioniertes Milchpulver nach Indien – und verdrängen damit die Kleinbauern vom lokalen Markt. Immer noch verschiffen wir unsere Rüstungsgüter in Länder wie Saudi-Arabien, das den Jemen seit Jahren in Schutt und Asche bombt. Und unsere Treibhausgase befeuern eine Klimakrise, die in Ostafrika zu Hungersnöten und zu Klimaflucht im Pazifik führt. All das untergräbt eine globale nachhaltige Entwicklung und erfordert ein grundlegendes Umdenken: Unternehmen müssen für die sozialen und ökologischen Kosten ihres Handelns gesetzlich zur Verantwortung gezogen, die Agrarsubventionen nachhaltig umgeschichtet und Rüstungsexporte an Diktatoren und in Krisengebiete gestoppt werden. Bei der Energie- und Verkehrswende ist es nach all den Jahren des Stillstands höchste Zeit, endlich die Handbremse zu lösen.
Vor allem aber mangelt es der deutschen Politik an Kohärenz. Unsere Handelspolitik macht zunichte, was wir entwicklungspolitisch erreichen wollen. Im Ausfuhramt werden Rüstungsexporte genehmigt, die unsere friedenspolitischen Ziele untergraben. Wir Grüne wollen deshalb einen „Rat für Menschenrechte, Nachhaltigkeit und Frieden“ einrichten, der systematisch und vorab prüft, welche Auswirkungen deutsches Regierungshandeln auf die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele weltweit hat. Den Missbrauch deutscher und europäischer Entwicklungszusammenarbeit zur Flüchtlingsabwehr und Militarisierung ferner Grenzen werden wir umgehend beenden.
Nur wenn wir auf all diesen Ebenen entschlossen zupacken, können die nachhaltigen Entwicklungsziele tatsächlich erreicht werden. Die aktuelle Bundesregierung hat diese Chance vertan – und damit Zeit verspielt, die wir nicht haben. Die künftige Bundesregierung wird in der Verantwortung stehen, bei der nachhaltigen Entwicklung deutlich entschiedener voranzugehen.“