Zur Eröffnung der Tagung „Kulturgut in Gefahr. Raubgrabungen und illegaler Handel“ im Auswärtigen Amt erklären Claudia Roth, Sprecherin für Auswärtige Kulturpolitik, und Ulle Schauws, Sprecherin für Kulturpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen:
„Durch den ISIS-Terror ist der Kulturgutschutz in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt. ISIS finanziert sich nicht zuletzt mit dem Raub von Kulturgütern und deren Verkauf auch in europäischen Ländern. Doch nicht nur in Syrien und Irak, sondern auch in anderen Regionen wie Timbuktu und Mali erleben wir die Zerstörung des kulturellen Erbes der Menschheit. Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung sich endlich des Themas annimmt und auf der Konferenz „Kulturgut in Gefahr. Raubgrabungen und illegaler Handel“ mit internationalen Expertinnen und Experten Handlungs- und Lösungswege sucht.
Gerade Deutschland steht in besonderer Verantwortung: Wegen der laxen Gesetzgebung wurde die Bundesrepublik in den letzten Jahren zunehmend zum Umschlagplatz für geraubte Antiquitäten. Selbst der „Bericht der Bundesregierung zum Kulturgutschutz in Deutschland“ von 2013 weist darauf hin und stellt der deutschen Gesetzgebung ein miserables Zeugnis aus. Umso dringlicher ist die Novellierung des Gesetzes zum Kulturgüterschutz, die Kulturstaatsministerin Monika Grüttners nun viel zu spät erst für 2016 angekündigt hat.
Wir erwarten, dass die in dem Bericht aufgezeigten Missstände und Gesetzeslücken endlich konsequent behoben werden. So müssen zum Beispiel die Standards für Ausfuhrpapiere dringend verschärft werden. Es kann nicht sein, dass geraubte Antiquitäten von der Grenze direkt in Auktionshäusern oder auf Ebay landen, ohne dass jemand ihre Herkunft überprüft. Wichtig ist auch eine Sensibilisierung für die Problematik bei den Sammlerinnen und Sammlern, ähnlich, wie das beim Thema „Blutdiamanten“ gelungen ist. Den Sammlerinnen und Sammlern muss klar sein, wen sie mit dem Kauf geraubter Kulturgüter unterstützen und auf wessen Kosten sie Antiquitäten sammeln. Das betrifft auch öffentliche Museen, die Provenienzen ihrer Sammlungen schnellstens klären sollten.
Ebenso wenig ist es zu akzeptieren, wenn Ursprungsländer geraubte Kulturgüter nicht zurückbekommen, nur weil sie keine Listen vorweisen können, die den deutschen Bürokratiestandards entsprechen. Wir fordern deshalb, auch in Deutschland das Listenprinzip durch das unbürokratischere Kategorienprinzip zu ergänzen.
Sicherlich lassen sich die Raubgrabungen durch nationale Gesetzgebung allein nicht stoppen. Ohne eine ordentliche Gesetzgebung auf nationaler Ebene ist dem Problem aber nicht beizukommen. Von der Tagung im Auswärtigen Amt muss deshalb ein eindeutiges Zeichen für schärfere Regelungen ausgehen. Wir erwarten, dass Deutschland endlich seiner internationalen Verantwortung für den Schutz von Kulturgütern gerecht wird.“