Zur Forderung von Minister Müller, mit einem EU-Sonderfonds von 10 Milliarden Euro verstärkt die Fluchtursachen zu bekämpfen, erklärt Claudia Roth MdB, Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:
„Die Bundesregierung spielt in der Flüchtlingspolitik ein doppeltes Spiel. Mit der Forderung nach einem europäischen Sonderfonds von 10 Milliarden Euro zur Bekämpfung der Fluchtursachen streut Entwicklungsminister Gerd Müller den Menschen Sand in die Augen. Denn es geht bei der Summe nicht etwa um frisches Geld, sondern lediglich um eine Umschichtung von Entwicklungsmitteln, die an anderer Stelle fehlen werden. Mit dieser Nebelkerze will Müller lediglich vom deutschen und europäischen Versagen in der Afrikapolitik ablenken.
Es wird keine einzige Fluchtursache in den Herkunftsländern der Flüchtlinge beseitigen, wenn nun Milliarden Euro von anderen Entwicklungsprojekten abgezogen werden, gleichzeitig aber die unfaire Handelspolitik der EU beibehalten wird. Damit werden arme Staaten nur weiter massiv benachteiligt und in ihrer Entwicklung gehemmt, was dazu führt, dass Menschen ihre Heimat verlassen wollen. Auch wenn Minister Müller selbst immer wieder von einer „fairen“ Handelspolitik träumt, bleibt die Kanzlerin weiterhin auf Freihandelskurs, der vor allem einseitigen Interessen dient.
Die Bundesregierung sollte deshalb nun klipp und klar erklären, ob denn die Forderungen und Ideen von Entwicklungsminister Müller tatsächlich die Positionen des gesamten Kabinetts beschreiben. Wenn dem so wäre, müsste die Bundesregierung ihre Afrikapolitik grundlegend ändern und globale Ungerechtigkeiten langfristig bekämpfen, damit Menschen nicht mehr durch Krieg und Armut zur Flucht gezwungen werden.
Nötig wäre etwa, dass Deutschland endlich sein Versprechen einlöst und 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit ausgibt. Vor allem bräuchte es aber eine Kurskorrektur in der Handels-, Agrar- und Fischereipolitik, um für afrikanische Staaten faire Bedingungen zur eigenen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zu schaffen. Von solchen Maßnahmen ist sowohl die deutsche als auch die europäische Politik jedoch noch meilenweit entfernt.
Solange Minister Müller lediglich Forderungen für das gute Gewissen stellt, während die Bundesregierung in der Afrikapolitik weiter macht wie bisher, ist sein Reden nichts anderes als ein leicht zu durchschauendes Ablenkungsmanöver.“